Neue Bilder braucht das Land!

Überall Narzissen, Muscari, Tulpen in diversen Farben und Formen … eine farbliche Opulenz, an der ich mich satt gesehen habe. Im Prinzip ist das für mich etwas wie der Hollywood-Schinken oder Instagram – da kann das Leben bei Leibe nicht mithalten. Direkt und geballt auf den Sehnerv bist es auch der Letzte kapiert hat. Ich fühle mich visuell bedrängt bis verängstigt, zum Teil verspüre ich tatsächlich einen flauen Magen. Hier wird aufgefordert zu bewundern, zu applaudieren und das kann ich irgendwie nicht mehr. Zuviel Show. Zuviel Außen. Das Alles ist mir einfach zu laut. Vorbei.
Es sind vielmehr die leisen Töne, wie die der große Sternmiere, die mir Ruhe schenken und mich bei mir, mich wieder zu mir komm lassen. Voll Bescheidenheit blüht sie derzeit gesellig in kleineren Gruppen am Waldrand und streckt mir ihren eleganten weißen Blütenstern entgegen. Sie rührt mich mit ihrer Art. Man muss sie suchen …  nur für sich selbst scheinen diese kleine Blumen zu blühen. Sie freuen sich offensichtlich, dass auch sie beim Leben mitmachen dürfen und genießen die warmen Sonnenstrahlen, die auf sie treffen und sie ernähren. Sie fordern nichts, sie sind einfach und lassen mich sein. Zufrieden.
Solche Situationen, solche Gefühle möchte ich in meinem Garten …

Kommentare

  1. Meine Sehnerven sind visuelle Drahtseile und halten auch Gartenschau-Meere von Tulpen aus. Meine „erste“ Gartenschau in Mannheim 1975 habe ich allerdings tatsächlich in traumatischer Erinnerung. Da fühlte ich mich in der Tat von großblumigen gelben und roten Darwin-Hybriden auf gefühlt Fussball-Feld großen Flächen derart geschockt, dass ich keinen Gedanken an einen gärtnerischen Beruf verschwendete und mein Entschluss, Chemie zu studieren endgültig feststand. Mittlerweile habe ich mich über die Jahre an immer höhere Dosen Narzisen, Tulpen, ja selbst Eisbegonien gewöhnt, dass ich ohne (nennenswerte) seelische oder körperliche Schäden selbst ein Besuch auf der Mainau verkraften würde. Na ja, vielleicht nicht gerade auf der Mainau. Es gelingt mir sogar, mich – stundenweise – an den Tulpen-Blüten-Meeren wie im Hermannshof zu berauschen, zu beglücken und in fotografische Eskapaden zu verfallen.

    Nichts desto trotz atme ich auch wieder auf, wenn die ruhige, vorwiegend grüne Zeit nach den Frühjahrsblüher anbricht, wenn das kleine, feine, zarte, seltene, unscheinbare, subtile unsere Aufmerksamkeit ganz behutsam in Anspruch nehmen darf.

    Solange bis uns die Massen an Rosen Hören, Sehen und Riechen vergehen lassen. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

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    • ja lustig, joachim. habe mir schon so halb gedacht, dass dich dieser post kitzeln würde 😉 ich bin froh, dass die selbsgewählte hypersensibilisierung bei dir erfolgreich war. ich meine, jeder jeck ist anders. vielleicht ist das aber tatsächlich auch eine generationskiste oder altersfrage – ohne das sich irgendwer jung oder alt fühlen muss in diesem ktreislauf. es steckt in all den pflanzungen soviel mühe drin, was ich zum teil bewundere. auf der anderen seite wird mir die empfundene anstrengung für dieses bild zu viel. ja, es erdrückt mich etwas. die natur hat diese mühelose attitüde – und ich entschuldige mich, dass ich jetzt einfach so ziellos schreib (ich habe gerade ein glas wein getrunken – seit afrika geht es mit dem wein und mir ein wenig besser – betrunken bin ich dennoch schnell) – aber ich konnte aus dem trotha zitat von Gilles Clement, dass das gärtnern der zukunft aus schauen bestehe, viel für mich ziehen bzw mich darin wiederfinden … weswegen ich mich auch nicht als naturgärtnerin bezeichnen würde – ich stehe neophyten zum teil offener gegenüber. vielleicht will ich in zeiten von handy und social media einfach etwas anderes von einem garten. wieder zu mir kommen. mich mit der welt verknüpfen. einen slot zur ursprünglichkeit und kein weites highlight für mich als kind der achtziger, für das es an ostern bereits die ersten steifftiere der saison gab. Nichts desto trotz kannten wir noch die zeit ohne handy und internet, wenn man einfach mal so da saß und sinnierte. heute meditiert man. ich vermute daher kommt meine sehnsucht nach dem idyll, einem stück natur, dass mich bei mir ankommen lässt und die esoterik (im ursprünglichen) ermöglicht.

      ich freue mich sehr, dass ihr zwei mir schreibt. für solche dialoge, in dieser form, habe ich mir einen blog gewünscht.

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  2. Liebe Anke, dein Beitrag berührt mich, weil ich es seit einer Weile genauso empfinde. Also nicht unbedingt mit Tulpen & Co. außer sie stehen in Keukenhof 😉 , aber mit der Welt, den ‚Sozialen‘ Medien, dem visuellen Overkill…das alles erschöpft mich immer mehr. Beam me over, Scotty…but where to? Da gehe ich dann in meinen Garten oder in den Wald, wo gerade die Dichternarzissen blühen, und komme wieder zur Ruhe. Kürzlich habe ich gelesen, dass die Aufmerksamkeitsspanne heute bei 3 (!) Sekunden liegt. Sprich, wenn du es nicht schaffts, Betrachtern/Lesern innerhalb dieser 3 Sekunden eine Regung zu entlocken, hast du Pech gehabt. Was für ein Höllenstress. Alles ist nur noch Show, jeder will der Beste und Erfolgreichste sein. Leider befindet man sich selbst ja auch mehr oder weniger in dieser Abwärtsspirale. Deshalb brauchen wir nicht nur neue Bilder, sondern müssen noch ein Stück weitergehen. Das ist auch u.a. Thema meines neuen Buchs, das hoffentlich dann innerhalb von 3 Sekunden die Leser bewegt weiterzulesen. 😀 Solange es Menschen wie dich gibt, die sich diese Gedanken machen, habe ich noch Hoffnung. Schöne Frühlingstage, Annette

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    • Danke liebe Annette! Tatsächlich waren es auch bei mir diese unerschöpflichen Timelines und Chroniken, die mir den finalen Impuls gaben, den Beitrag zu verfassen … mit Herzklopfen … und auch ich suche Wald und Feld auf um wieder zu mir zu kommen. Mit der Aufmerksamkeitsspanne von drei Sekunden kann ich mir nur zu gut vorstellen. Ich denke, dass man mittlerweile quasi süchtig ist nach diesen schnellen kurzen Dopaminkicks, die eine empfundene Entdeckung und Superlativen auslösen kann (hab ich sogar schonmal in einem meiner Post thematisch gestreift- Dopaminkick Garten). Aber Zufriedenheit birgt sowas ja nicht. Meine Vorstellung von Garten sucht da immer mehr nach einem Gegengewicht zu diesem Effekthaschenden. Er wird ruhiger. Ich lasse ihn viel. An sich ist er mir immer noch zu bunt, zu viel Show, wie du sagtest. Umso mehr bin ich gespannt, welchen Themen, welchen Ansatz dein neues Buch verfolgt … melde mich die Tage bei dir. Vielleicht darf ich dazu ja dann auch schonmal fragen 😉

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      • Liebe Anke, nur keine Eile, bin in den letzten Zügen fürs Buch und habe erst nächsten Monat wieder etwas mehr Luft. Ich glaub, das neue Buch ist was für dich, werde zu gegebener Zeit ein Rezensionsexemplar organisieren. Deinen anderen Beitrag habe ich gelesen. Ich such im Garten nicht nach Sensationen, sondern nach Kleinigkeiten, zarten Fortschritten…stelle aber auch fest, dass ich oft nicht richtig bei der Sache bin, aber das ist m.E. bedingt durch das Leben, das wir heute haben, die Sinne unter ständigem Beschuss, schrecklich, aber ich arbeite dran! Hab eine schöne Woche 🙂

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