Nachgehakt bei… New German Style Vertreter Hermann Gröne

Der Gartenplaner, Gartenbuchautor und Fachjournalist Hermann Gröne gilt als ausgesprochener Staudenkenner, dessen Beetbepflanzung im Innenstadtbereich mit dazu geführt hat, dass die Stadt Kempen im Jahr 2012 mit der Karl-Förster-Anerkennung ausgezeichnet wurde. Darüber hinaus organisiert und begleitet Hermann Gröne Gartenreisen für Gartenbegeisterte quer durch Europa. Mit seinen langlebigen und pflegearmen Staudenpflanzungen gilt er als Vertreter des New German Style.
Ein leidenschaftlicher und viel beschäftigter Mann, wie mir scheint, und umso mehr fühle ich mich geehrt, dass ich Ihm in meiner Rubrik „Nachgehakt bei…“ ein paar Fragen zu seiner Passion zukommen lassen darf.

Lieber Herr Gröne, zunächst einmal ein herzliches Dankeschön, dass Sie sich Zeit für meinen Blog nehmen.
Bei meiner Recherche im Internet ist mir als erstes aufgefallen, dass Sie auf ihrer Hompage www.garten-groene.de sehr offen mit Informationen zu ihren Pflanzungen sind. Sie geben z.B. auch immer die Sortennamen der verwendeten Stauden an, worauf ich auch später noch mal zurückkomme. Verstehe ich das richtig, dass Sie so vielleicht als moderner Gartenkünstler den Open Source Gedanken in das Fachgebiet Garten einbringen möchten? Quasi in der Tradition der Walz von einst ;)?

Erstmal vielen Dank für ihr Interesse an meiner Arbeit. Dass Sie mich als Gartenkünstler ansprechen ehrt mich, Gartengestalter mit breit gestreuten Interessen trifft es aber besser. Dem Beruf des Gärtners in Deutschland mehr Anerkennung zukommen zu lassen, ist mir schon wichtig. Meine Brötchen verdiene ich ja als Gartengestalter, der plant und ausführt. Im Branchenbuch finden Sie mich also auch als Betrieb des Garten- und Landschaftsbau. Kürzlich durfte ich mal wieder feststellen, dass es damit in der öffentlichen Wahrnehmung nicht weit her ist. Ich bekam den Anruf einer Immobilienverwaltung, die für ein Mehrfamilienobjekt in der Region Anbieter für Gartenpflege sucht. Es ging um Rasen-, Hecken- und Gehölzschnitt. Gegen Ende des Gesprächs, bevor ich sagen konnte, dass die Firma Garten Gröne kein Interesse hat, wurde ich ernsthaft gefragt, ob wir auch bereit wären, die regelmäßige Reinigung der Treppenhäuser im besagten Objekt zu übernehmen. Von Toiletten war nicht die Rede, aber wohl nur, weil es keine Gemeinschaftlichen dort gibt. Da passt es ins Bild, wenn der Gartenpraxis-Kolumnist Jörg Pfennigschmidt in seiner bekannten Glosse: First cut is the deepest, von der Firma „Ruchzuck Haus- und Gartenservice“, schreibt, deren Fachkräfte „frühmorgens noch Treppenhäuser geschrubbt haben“. Was mich zu ihrer Frage führt. Alles, was jungen Leuten nach und während der Ausbildung und überhaupt gärtnerisch Interessierten hilft, gute Pflanzenkenntnisse zu erwerben, unterstütze ich. Kenntnisse über Stauden, also auch über Farne, Gräser und Zwiebel/Knollenpflanzen erst recht, da es hier besonders viel zu entdecken gibt. Und hier gibt es einen Markt! Wer Ramie, Kandelaber-Ehrenpreis und Dreiblattspiere anzusprechen und mit Ihnen umzugehen weiss, ist klar im Vorteil.  

Sie organisieren ja auch Gartenreisen, kennen viele Gärten in England, Deutschland, den Niederlanden. Welche Gärten empfinden Sie derzeit als besonders inspirierend für Ihre Arbeit?

Da ich mich durch meinen background als, wenn auch nicht mehr ganz junger, moderner Gartengestalter für den sogenannten Dutch Wave und den New German Style interessiere , sind es auch solche Gärten , die mich auf unseren Gartenreisen besonders faszinieren. Sie können also auch in Südengland, dem Land der gestalteten Landschaft und wohl komponierten Staudenrabatten Gärten mit Pflanzungen von Piet Oudolf besuchen oder Anlagen mit Schwerpunkt auf den englischen Planer Tom Stuart-Smith auswählen.
Auch wiesenartige Präriepflanzungen, die an den Hermannshof in Weinheim denken lassen, finde ich immer beeindruckend. Hier ist es vor allem der Norden der Niederlande mit der Provinz Friesland, die mir einfallen. Jaap de Vries Stauden- und Gräsergarten, der Präriegarten von Juliannes Siergrassen und die Sortimente und Schaugärten der dort ansässigen Gärtnereien sind ein Reise wert. Auch viele Gärten, die zur Zeit in aller Munde sind, halten was sie versprechen: Berchigrange in den Vogesen oder Jardin Plume in der Normandie zum Beispiel. Aber Sie fragten nach Gärten, die mich persönlich besonders inspirierten.
Da fielen mir mehrere ein, der Berglegarten von Karina Walzer in Freiburg oder Hunting Brook in den Wicklow Mountain in Irland.
Ich will mal einen nennen, der weniger bekannt ist, weil er abseits der üblichen gärtnerischen Routen liegt: Wollerton Old Hall Garden auf halber Strecke zwischen Birmingham und Liverpool nahe der Grenze zu Nordwales. Alle Elemente des englischen Gartens sind hier perfekt durchdacht verwirklicht und bestens aufeinander abgestimmt in eine gemeinsame Form gebracht. Es gibt Farbrabatten, beschauliche Senkgärten, lange Sichtachsen, Schattenbereiche mit seltenen Waldpflanzen, formale Bereiche mit geschnitten Formen, von ausgesuchten Blütenpflanzen begleitet, wild anmutende Cottagegarden-Bereiche, verwunschene Sitzplätze , ein Arboretum, eine kleine aber feine Gärtnerei usw. Nur Makellosigkeit könnte man diesem Garten vorwerfen.    

Spielen auch bestimmte Naturräume für Ihre Planung ein Rolle? Und wenn ja, welche? Ich komme darauf, weil das ja bei anderen Gartenkünstlern, speziell bei Henk Gerritsen, aber auch generell in den alten Landschaftsgärten, ein zentraler Ausgangspunkt der Gestaltung ist….

Ich komme zwar vom platten, Agrarindustrie-freundlichen Niederrhein, habe aber das Glück direkt neben einem großen Landschaftsschutzgebiet zu leben, der Nettetaler Seenplatte. Hier und im nahen Grenzwald waren wie als Kinder und Jugendliche unterwegs. Nettetal heisst ja auch Lappenland, da eine große Baumschule hier viel bis sehr viel Land gepachtet hat, um laser-gerade Alleebäume ziehen zu können. Schnurgrade war einmal.
Und nahe bei liegt Bracht, auch als Spargeldorf bekannt, also Sandboden. Ich lenke ab. Nein, Naturräume spielen eigentlich keine Rolle. Und ich bin sehr heimatverbunden im Sinne von reisefaul. Klar, Sommerurlaube mit der Familie und nun, mit +-50 die Gartenreisen. Aber das ich europaweit, geschweige denn weltweit Naturlandschaften bereist hätte, um diese persönlichen Eindrücke in meine Planungsarbeit einfließen zu lassen. Nein, das kann ich nicht behaupten. Wenn Sie jetzt nach Büchern gefragt hätten…

Wenn man auf Ihrer Homepage stöbert, stößt man in Ihrem Garten auf viele Sorten.
Das erinnerte mich zunächst an eine Anekdote von Karl Förster, dessen Nachbar der Erzählung nach deprimiert war, weil er der Meinung war, die gleichen Pflanzen wie Förster im Garten stehen zu haben, mit dem Unterschied, dass bei Förster eben alles viel harmonischer und besser wuchs. Auf das Klagen des Nachbarn hin legte Förster offen, dass es sich bei seinen Pflanzen um eine wohl durchdachte Sortenauswahl handelt; vielleicht kennen Sie die Geschichte.
Halten Sie es wie Förster oder was ist der Grund für Ihre Entscheidung Sorten an Stelle der Wildformen zu verwenden? Steht es vielleicht sogar mit der Ausbreitungswut mancher Wildformen in Zusammenhang? Oder sind es vornehmlich optische, gestalterische Argumente für die jeweilige Sorte?

Diese Geschichte kannte ich gar nicht, finde Sie aber sofort nachvollziehbar. Natürlich ist die Sortenwahl ganz entscheidend für eine gelungene Gestaltung und quasi das A und O der Planungsarbeit. Erst die Vielfalt an Blütenfarben, Blattschmuckwirkungen und Habituserscheinungen macht ja die große Brandbreite an Gestaltungen möglich. Das gilt übrigens bei den Gehölzen genauso wie bei Stauden. Und man/frau sollte sich immer wieder klar machen, dass es sich bei der Züchtung um eine Kulturleistung handelt, etwas das den Menschen auszeichnet und adelt. Was mich aber mehr interessiert als außergewöhnliche Blütenfarben oder ungewöhnliche Formen sind Langlebigkeit und Robustheit. Ich beobachte in eigenen oder auch fremden Gärten oder genauer in eigenen oder fremden Beeten, die mehrere Jahrzehnte bestehen, das die Artenzahl abnimmt und sich bestimmte Pflanzen durch Selbstaussaat oder Ausbreitung auf Dauer durchsetzen. Welche das sind und welche sich nicht lange halten können ist die große Frage, die ich bislang immer erst sehr viel später beantworten kann. Beschränkung wäre eine gute Maßnahme, aber das fällt mir schwer. Farbenreich, üppig, abwechslungsreich, mit Blüten in jeder Jahreszeit war immer mein Motto. Funktioniert auch mehrere Jahre, aber nicht Jahrzehnte, zumindest nicht in der Artenvielfalt wie zu Anfang. Bislang weigere ich mich solche Pflanzungen nach 5 -7 Jahren aufzunehmen, zu teilen, den Boden aufzuarbeiten und neu zu pflanzen. Noch…

Spielt Zufall durch Aussaat oder die Bildung von Ausläufern in Ihren Planungen eine Rolle?

Oh ja, unbedingt. Natürlich kenne ich den Hansen/Stahl (alt) und Blackbox Gardening (neu), ich verfüge über einige Jahre Erfahrung und durfte den ein oder anderen Garten besuchen. Ob man aber im neuen Garten die Boden- und Lichtverhältnisse wirklich richtig eingeschätzt hat und ob dieser oder jener Gartenwanderer auf dem Standort sich wirklich vorteilhaft in Bewegung setzt? Wie oft hört man von lästigen Selbstaussäern, die im eigenen Garten keinen einzigen Sämling zeigen. Oder berüchtigte Wucherer, die das überall tun, nur nicht dann, wenn sie sollen. Aber es ist auch wichtig, die Kunden, denen dieser Garten ja schliesslich gefallen soll und die ihn pflegen müssen, mit einzubinden. Manche sind mit „kreativem Unkrautjäten“ und ineinander wachsenden Bodendeckern schlicht überfordert.

Was ist derzeit Ihre liebste unkomplizierte, sich versamende Staude?

Seit einigen Jahren die staudige, ausdauernde Form des Judas- oder Silberpfennig Lunaria redeviva. Jetzt im Frühjahr ist die Pflanze dank ihrer blass-blauen Blüten auffällig, ab dem Hochsommer treten die pergamentartigen Samenstände immer mehr in den Vordergrund. Schatten und Halbschatten werden bevorzugt, auf frischen Böden vermutlich auch in der Sonne. Robust und langlebig. Sehr schön.

Gibt es Stauden, vor denen Sie in dieser Hinsicht warnen möchten?

Bei Liebhabern steht zur Zeit ein Gras hoch im Kurs, dass nicht nur sehr schön ist, sondern auch sehr lästig werden kann. Das nickende Perlgras Melica nutans gilt als Geheimtipp, verträgt Trockenheit und Sonne, liebt Kalk, blüht früh im Mai und Juni und sät sich stark bis massiv aus. Ich könnte mir denken, das manche Gartenbesitzer, die nach dem Motto: „Ich werde schon ein freies Plätzchen finden“ vorgegangen sind, von der Selbstaussaat überrascht bis überfordert sein werden.

Und zu guter letzt noch eine Frage mit persönlichem Anliegen: Sie gelten als ausgesprochener Gräser-Experte, haben Bücher zum Thema Gräser geschrieben: Etwas verzweifelt frage ich, mit der Befürchtung „Erfahrung“ wird Ihre Antwort sein, ob es Tricks, Anhaltspunkte oder irgendwas gibt, Gräser als Jungpflanzen als unerwünscht oder ausgesät zu identifizieren?

Wie bei den Blütenstauden gilt auch bei den Gräsern, dass nach dem Keimblattstadium, also den untersten und damit ersten zwei Blättern, alle weiteren Laubblätter der Jungpflanze aussehen wie die der Elternpflanze, nur in miniatur. Also genau mit der Mutterpflanze vergleichen.
Evt. muss eine Lupe her. Ist der Rand gesägt, gebuchtet, glatt? Ist die Oberfläche behaart oder nicht? Wie fühlt sich diese an? Ist der Halm rund oder ausgebreitet usw.
Konnte ich helfen?

Ganz bestimmt; die Lupe ist so gut wie gekauft. 

Wer mehr über Hermann Gröne erfahren möchte bekommt auf www.garten-groene.de einen super Einblick in seine Arbeitsfelder. Hier findet man Links zu Videos, in denen er durch seinen Privatgarten führt, virtuelle Gartenrundgänge durch alle Jahreszeiten, Berichte über seine durchgeführte Arbeiten im privaten und öffentlichen Bereich, Angebote zu Gartenreisen, Buchveröffentlichungen eine Karte zur Winterhärtezone des eigenen Standorts und vieles mehr. Zudem findet man Hermann Gröne auf Facebook.

Bücher von Hermann Gröne:

Immerblühende Beete. Natürlich schöne Pflanzideen zum Nachmachen

Narzissen: Leuchtende Frühlingsboten

Ein faszinierender Stauden- und Gräsergarten

Hinterlasse einen Kommentar